>>> Gedanken am Rande des neunten Expertenforums „Biologische Wirkungen des Lichts auf den Menschen“

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Die Vorstellung, man könne Erkenntnisse aus Schlaflaboren 1:1 in die Beleuchtungsplanung übersetzen, klingt abenteuerlich. Doch tatsächlich ist die Wissensbasis, auf deren Grundlage ein Planer den biologischen Einsatz der von den Herstellern angebotenen „Lichtwerkzeuge“ planen kann, recht beschränkt. Die Hersteller sind fein raus, denn sie bieten lediglich „Werkzeuge“ an. Die Lichtwerkzeuge können zum Wohle der Nutzer eingesetzt werden, z.B. um deren innere Uhr zu stabilisieren, sie können sich jedoch auch zu ihrem Schaden auswirken, wenn ein Lichtregime zur Steigerung der Leistungsbereitschaft beispielsweise Defizite beim Schlaf bewirkt. Es kann nicht einmal ausgeschlossen werden, dass ein „gutgemeinter“ Einsatz biologisch wirksamer Beleuchtung langfristig negative Folgen für die Gesundheit der Beleuchteten hat. Ganz zu schweigen davon, was passiert, wenn der Betreiber der Anlage die Parameter selbst setzt, ohne den Wirkzusammenhang zwischen dem am Auge empfangenen Licht und der inneren Uhr überhaupt zu verstehen. Doch der hier skizzierte Gedankengang war nicht Gegenstand beim Expertenforum. Tatsächlich berichteten Wissenschaftler von ihrer Arbeit und schilderten ihre Erkenntnisse. Obwohl jede dieser Laborstudien den Wissensstand um einen Mosaikstein erweitert, bieten sie für Planer nur wenig Nahrung. Sie sind einfach zu weit von der täglichen Planungspraxis entfernt. Gut zu wissen, dass sich ein Spaziergang im Freien, Sport und ein dunkler Himmel in der Nacht positiv auf die innere Uhr auswirken können. Doch zu den Produkten, die wir über das Internet bestellen können, gehören diese Dinge nicht. Jahrhundertelang war sich die Menschheit über biologische Lichtwirkungen nicht bewusst. Gleichzeitig fehlten ihr die künstlichen Leuchtmittel, die erforderlich sind, der Gesundheit nachhaltig zu schaden. Ein paradiesischer Zustand unbefangenen Glücks.

Nun haben wir Beides. Das Wissen und die Technik. Erfahrungen in der Anwendung haben wir jedoch noch kaum. Dabei lauern die Gefahren immer beim falschen Einsatz der künstlichen Beleuchtung während die Beleuchtung mit Tageslicht unkritisch ist. Das Wissen um die biologischen Lichtwirkungen bestärkt die Bedeutung des Tageslichts für die Innenraumbeleuchtung. Gleichzeitig weist sie Wege, in defizitär durch Tageslicht beleuchteten Bereichen angemessen zu beleuchten. Licht sollte nicht als Bio-Waffe eingesetzt werden. Mit einer an den Bedürfnissen der Nutzer orientierten Lichtplanung ist viel gewonnen. Vielleicht sollten wir das Wissen um die biologischen Lichtwirkungen zuerst zur Fehlervermeidung nutzen und uns mit einem auf die Erzielung biologischer Wirkungen ausgerichteten Lichtregime zurückhalten bis wir mehr über die Zusammenhänge wissen.